Skipnavigation Virtuelles Museum zur Geschichte Mecklenburgs und Vorpommerns

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1850 bis 1900

Schwarz-weiß Foto mit einer Gruppe Menschen vor einem Haus
Dorf Kiez Neustadt-Glewe, um 1890

Der Norddeutsche Bund leitet 1867/68 das Ende der staatlichen Selbstständigkeit Mecklenburgs ein. Gesetze regeln freie Wohnsitzwahl, Religions- und Gewerbefreiheit. 1871 werden beide Mecklenburg Teil des Deutschen Reiches. Konservative, Liberale und Sozialdemokraten kämpfen um Reichstagsmandate.
Friedrich Franz II. regiert bis 1883 in Schwerin. Sein Sohn, Friedrich Franz III., lebt meist in Cannes, wo er 1897 stirbt. Für den minderjährigen Friedrich Franz IV. übernimmt Herzog Johann Albrecht bis 1901 die Regentschaft. In Strelitz regiert 1860-1904 Friedrich Wilhelm, der radikal das Land entschuldet.

Die Schifffahrt prosperiert und die Rostocker Flotte verdoppelt ihre Tonnage bis 1870. Importe kommen meist über Stettin, Lübeck oder Hamburg. Das Land erhält bis 1893 ein staatliches Eisenbahnnetz. Maschinenbau und Nahrungsmittelindustrie etablieren sich nicht nur in den Seestädten. Zuckerfabriken verkörpern europäischen Höchststand.
1862 wird die Vererbpachtung bäuerlicher Stellen in Mecklenburg-Schwerin Gesetz. Gutsbesitzer erweitern ihre Höfe, intensivieren den Ackerbau und schaffen Grünland für Rinder. Gutshöfe über 100 Hektar dominieren die Landwirtschaft.
Die Literatur fördert mit Fritz Reuter und John Brinckman eine regionale Besinnung.

Colorierte Postkarte
Seebrücke Heringsdorf 1893

Wilhelm von Preußen wird 1861 gekrönt und 1871 deutscher Kaiser. Nach dem frühen Tod seines Sohnes wird Wilhelm II. deutscher Kaiser. Pommern erhält 14 Sitze im Deutschen Reichstag. Es entsteht ein Provinzialverband mit einem Landtag, einem Provinzialausschuss und dem Landeshauptmann oder Landesdirektor. Bis 1881 tagt der Kommunallandtag von Neuvorpommern in Stralsund und dann vereinigt mit Altpommern in Stettin als Provinziallandtag. Die Landgemeindeordnung schließt 1891 die Reformen ab.

Die Universität wird zur modernen Forschungseinrichtung für Medizin, Jura, Theologie und Philologie. Stettin wird als gymnasialer Standort ausgebaut. Katholische Schulen entstehen. Barth erhält 1860 eine Steuermannsschule.

Der Norddeutsche Bund hebt 1869 den Zunftzwang auf. Die Schifffahrt prosperiert. Der Hafen in Barth wird ausgebaut. Gutsbesitzer betreiben Zuckerfabriken. Bis 1897 entstehen zehn neue Gießereien in Torgelow. Stettin wird industrielles Zentrum. Das Eisenbahnnetz wird 1879 verstaatlicht. Der Hafen von Swinemünde stagniert nach 1880, weil durch den Kanal „Kaiserfahrt“ Hochseeschiffe Stettin direkt anlaufen. Doch die Verbindung Berlin-Swinemünde und die „Nordbahn“ nach Stralsund fördern den Fremdenverkehr. Bis 1897 erhält jede Kreisstadt Bahnanschluss. In Stralsund, Demmin, Greifswald und Pasewalk liegen preußische Truppen, für die Kasernen entstehen. In der Ueckermünder Heide werden 63 Ziegeleien gegründet. Sassnitz wird zum Zentrum der Kreideindustrie und 1899 gründen 17 Unternehmen ein Kartell.

Künstler bilden als Freilichtmaler Kolonien, unter denen Ahrenshoop große Bedeutung erlangt. Die vorpommerschen Inseln folgten als Künstler- und Badeorte.

In Pommern verringern sich die Bauernstellen. Etwa 243 000 Pommern gehen nach Amerika. Die Landbevölkerung nimmt um etwa 20 % ab. Die Gutsbesitzer intensivieren Ackerbau und Rinderhaltung. Die Provinz wird größter deutscher Kartoffelerzeuger mit einer Züchtung von Weltruf. Neuvorpommern hat die besten Böden in der Provinz. Ausländische Erntearbeiter kompensieren den Personalmangel. Für die Bauern wird die Lage nach 1879 durch Schutzzölle, staatliche Förderung und Mechanisierung besser.

1890 entsteht die Invaliditäts- und Altersversicherungsanstalt in Stettin. 1891 wird die Sonntagsarbeit verboten. Durch den Ausbau der Großindustrie entsteht ein Proletariat. Arbeiter, Handwerker und das Bildungsbürgertum finden sich in Sport-, Gesang- oder Bildungs-Vereinen zusammen.

Die pommersche Landeskirche ist in 56 Kirchenkreisen organisiert. Zahlreiche neue Gotteshäuser entstehen. Altlutheraner leben in Cammin und Stolp. 1875 wird in Stettin die neue Synagoge mit 1 700 Plätzen geweiht. Katholische Gemeinden bestehen in Stettin, Stralsund, Stargard, Greifswald, Bergen und Pasewalk.