Skipnavigation Virtuelles Museum zur Geschichte Mecklenburgs und Vorpommerns

Springe direkt zu:

Menü öffnen

Das Kriegsende 1945 in Crivitz

Erlebnisbericht von Johann Barowa

Kommentiert von Bernd Garrels

Crivitz, Postkarte um 1900
Crivitz, Postkarte um 1900

Als mir Andreas Reinecke Anfang November 2024 den Auszug über Crivitz aus dem Erlebnis­bericht von Johann Barowa zuschickte, hielt ich diesen zunächst für einen Irrtum. Die Ortsangaben schienen mir nicht korrekt zu sein, von Standgerichten in Crivitz in den letzten Tagen des Krieges war bisher nichts bekannt, und auch von den berüchtigten „Kettenhunden“ (Feldgendarmerie) war bisher noch nie die Rede gewesen. Lediglich Bürgermeister Hahn soll kurz vor der Einnahme der Stadt durch die „Russen“ vor ein Kriegsgericht gestellt worden sein, weil er dazu aufgerufen hatte, weiße Tücher in die Fenster zu hängen. Der Rückzug durch Crivitz in Richtung Schwerin erschien mir widersprüchlich, weil durch die Stadt ebenfalls der Todesmarsch zog, die Stadt voller Flüchtlinge war und Barowa dies mit keinem Wort erwähnte.

Ich habe mich anschließend bei Herrn Dr. Kalmbach von der Universität Bremen erkundigt. Mit seinem 2012 erschienenen Buch Wehrmachtjustiz hat er sich als Spezialist auf diesem Gebiet ausgewiesen. Der Bericht war ihm in Erinnerung und er hält ihn für zitierfähig.

Das 2006 von Johann Barowa unter dem Titel Mein Leben unter Hitler: 1927 bis 1954 erschienene Buch ist ein Zeitzeugenbericht, in dem er seine Erlebnisse als Jugendlicher unter Hitler sowie in den Kriegs- und Nachkriegsjahren schildert. Leider ist das Buch nur noch antiquarisch erhältlich. Ich habe es erworben und dem Crivitzer Heimatmuseum übergeben.

Beim Lesen seines Berichts sollte man sich bewusst machen, dass Barowa ihn Jahre nach dem Krieg verfasst hat. Es handelt sich um seine persönlichen Eindrücke. Er verfügte weder über Ortskenntnisse noch über einen umfassenden Überblick über die Ereignisse. Als Soldat war er in eine militärische Hierarchie eingebunden, und sein Fokus lag auf dem Augenblick, seinen Kamera­den und dem Gegner. Alles andere, auch das Geschehen in der Stadt, spielte für ihn keine Rolle. Dennoch war Barowa ein aufmerksamer und sensibler Beobachter. Seine Schilderungen der letzten Kriegstage in Crivitz stellen ein einzigartiges Zeugnis der Stadtgeschichte dar und verdienen eine nähere Betrachtung. Um seinen Bericht angemessen verstehen zu können, muss dieser jedoch in den historischen Kontext des Kriegsendes in Mecklenburg eingeordnet werden.